Gestern Dienstag veröffentlichte der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt seinen Ratschlag für die Revision des Gleichstellungsgesetzes. Der Kanton Basel-Stadt nimmt mit der Erweiterung des Gleichstellungsgesetzes auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsmerkmale, -identität, -ausdruck und das soziale Geschlecht eine wichtige Vorreiterrolle ein. Die LGBTI-Dachverbände begrüssen diese wegweisende Erweiterung ausserordentlich, da sie nicht nur gesellschaftlich, sondern auch politisch und gesetzgeberisch für eine zukunftsgerichtete Gleichstellungspolitik steht.

Muriel Waeger (sie/ihr), Autor:in von Muriel Waeger (sie/ihr) | 25.05.2022


Für die LGBTI-Dachverbände ist die vorgeschlagene Revision des Gleichstellungsgesetzes Basel-Stadt ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven und intersektionalen Gleichstellung aller Geschlechter auf kantonaler Ebene: “Das Gleichstellungsgesetz Basel-Stadt schafft die Grundlage für eine umfassende, progressive Gleichstellungspolitik, die ihren feministischen Ursprüngen treu bleibt und diese sinnvoll um queere Anliegen erweitert”, so Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS).

Und das ist dringend nötig: Letzte Woche veröffentlichten Pink Cross, die LOS und TGNS den Hate Crime Bericht 2021 (Medienmitteilung vom 17. Mai 2022). Die stark gestiegenen Zahlen von LGBTQ-feindlichen Übergriffen sind für Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, alarmierend: “Der Bedarf an effektiven Sensibilisierungs- und Präventionsmassnahmen, damit queere Menschen in der Schweiz sicherer leben können, ist noch immer riesig. Darum begrüssen wir sehr, dass das Gleichstellungsgesetz Basel-Stadt auch konkrete Massnahmen zur Erreichung der Ziele beinhaltet und zusätzliche Ressourcen für diese Arbeit geschaffen werden sollen.”

Neben konkreten Massnahmen und finanziellen Ressourcen für alle Gleichstellungsanliegen ist auch die explizite Nennung von Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmalen sowie sexueller Orientierung im Gesetz eine relevante gleichstellungspolitische Weichenstellung: Alecs Recher, Leitung der TGNS Rechtsberatung erläutert: “Von einem ausreichenden Diskriminierungsschutz oder gar einer rechtlichen Gleichstellung von LGBTI-Menschen sind wir in der Schweiz sowohl kantonal wie national noch weit entfernt. Ein Grund dafür ist die fehlende Klarheit, wen welches Gesetz schützt. Der Kanton Basel-Stadt nimmt mit dieser Revision des Gleichstellungsgesetzes eine Vorreiterrolle ein. Dies wird einen tatsächlichen Unterschied im Leben von diskriminierten Menschen ausmachen.”

InterAction Schweiz begrüsst, dass das Basler Gleichstellungsgesetz auch intergeschlechtliche Menschen bzw. Menschen mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale berücksichtigt. “Auch für intergeschlechtliche Menschen sind spezifische Sensibilisierungs- und Präventionsmassnahmen und ein effektiver Diskriminierungsschutz erforderlich”, so Urs Vanessa Sager von InterAction. “Umso wichtiger ist es, dass die LGBTI-Organisationen an der Umsetzung des Gesetzes beteiligt sind.” Mirjam Werlen von InterAction betont: “Nicht lebensnotwendige Eingriffe in die körperliche Integrität von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen sind mit schwerwiegenden physischen, psychologischen und gesundheitlichen Folgen verbunden (Motion im Ständerat 22.3355). Die Pathologisierung von intergeschlechtlichen Kindern erhöht Diskriminierungen und erschwert die Integration in den Arbeitsmarkt. InterAction würde es zudem begrüssen, wenn das Gesetz ausdrücklich den international verwendeten Begriff «Variationen der Geschlechtsmerkmale» erwähnt.”

Nicht zuletzt ist das Gleichstellungsgesetz ein unmissverständliches Signal an die Bevölkerung, dass in Basel-Stadt kein Raum für Diskriminierung von LGBTI-Menschen besteht. Das ist nicht zuletzt auch ein wichtiges, bestärkendes Zeichen für alle LGBTI-Menschen in Basel-Stadt. Die Basler Politik hat nun die Verantwortung, dieses wichtige Gesetz, das sie im Grundsatz mit dem Anzug Bertschi und Konsorten bereits im Jahr 2017 unterstützt hat, Realität werden zu lassen. Nach der Diskussion in der zuständigen Kommission wird der Grosse Rat das Geschäft voraussichtlich im Herbst behandeln.

Download Ratschlag des Regierungsrats BS für ein kantonales Gleichstellungsgesetz