Juni. Der Monat der Prides. Ein kostbarer Moment, in dem unsere queeren Existenzen mit Freude, Kreativität, Erinnerung und Widerstand den öffentlichen Raum einnehmen. Doch auch in diesem Jahr liegt ein Schatten über diesen Feierlichkeiten: autoritäre und queerfeindliche Politik greift weltweit um sich. Von der Türkei bis nach Ungarn – mit verbotenen Märschen und freiheitsfeindlichen Gesetzen – ist unsere Community einem beispiellosen Angriff ausgesetzt. Und auch in der Schweiz sind wir nicht mehr sicher.


In Istanbul trotzen LGBTI+-Aktivist*innen der Repression, den Verhaftungen und den seit 2015 wiederholten Verboten. Die türkische Regierung hat 2025 zum „Jahr der Familie gegen LGBTI+“ erklärt – ein erschreckender Slogan, der Bände spricht. Und dennoch: Die Trans Pride Week findet vom 16. bis 21. Juni statt, der Marsch in Istanbul am 22. Juni. Darauf folgt die Pride Week vom 23. bis 28. Juni, mit der geplanten Parade am 29. Juni. Trotz Verboten, Drohungen und Zensur gibt die Community nicht auf. Sie versammelt sich immer wieder. Sie marschiert, sie engagiert sich, sie schreit, sie singt. Sie existiert.
In der Türkei hat die Bewegung viele Formen angenommen – vom ersten Versuch eines Pride-Marsches 1993, der brutal niedergeschlagen wurde, über die riesigen Demonstrationen von 2013, inspiriert durch die Gezi-Proteste, bis hin zu Polizeigewalt, Verboten und Massenverhaftungen (373 Personen im Jahr 2022). Heute droht ein Gesetz, das jede queere Sichtbarkeit im öffentlichen Raum kriminalisieren soll. Und trotzdem rufen die Organisator*innen von Istanbul Pride: „Wir werden nicht verschwinden, wir werden nicht schweigen. Wir bestehen auf unserem Leben!“
Auch in Budapest steht die Pride unter Beschuss einer autoritären Regierung. Seit Jahren greift Viktor Orbáns rechtsextreme Regierung die Rechte von LGBTIQ+-Personen frontal an. Schon 2022 marschierten Lesben in offener Rebellion. Dieses Jahr versucht der Staat, die Pride zu verbieten. Doch ein Lichtblick durchbricht die Dunkelheit: Die Stadtverwaltung von Budapest hat beschlossen, die Veranstaltung als städtische Demonstration anzuerkennen. Am 28. Juni wird also eine legale Parade stattfinden – gegen alle Widerstände. Das nennen wir queeren Mut: zu marschieren, wenn man uns einsperren will. Zu demonstrieren, wenn man uns zum Schweigen bringen möchte.
Angesichts dieser Angriffe ist eine Antwort unerlässlich: internationale Solidarität. Sie ist unsere Stärke, unser Kompass, unser gemeinsames Band. Das Netzwerk EL*C ruft zur Kampagne „Lesbians support Budapest Pride“ auf. Denn lesbischer Widerstand kennt keine Grenzen. Denn unsere Körper sind politisch, unsere Existenzen miteinander verbunden.
Und hier in der Schweiz? Können wir wirklich glauben, das betreffe uns nicht? Unsere Rechte sind zwar gesetzlich verankert. Unsere Pride-Märsche sind erlaubt. Aber das gesellschaftliche Klima verändert sich. Verletzender Spott, hasserfüllte Rhetorik, symbolische Rückschritte, Angriffe auf unsere Organisationen – all das nimmt zu. Gewählte Politiker*innen stellen inklusive Bildung infrage. Kampagnen richten sich gegen trans Rechte. Aus Spott wird politische Strategie. Und zu oft wird aus Schweigen stille Zustimmung.
Deshalb haben wir den Queeren Appelllanciert. Ein kollektiver Aufruf an alle, die dieses Land mit uns teilen. Eine ausgestreckte Hand, ein klarer Appell: Ja, auch queere Rechte können rückgängig gemacht werden. Auch hier. Auch jetzt.
Dieser Aufruf ist ein Schrei der Liebe und der Wut. Er macht deutlich, dass Demokratie sich nicht daran misst, wer am lautesten schreit, sondern daran, wie sie ihre Minderheiten schützt. Er erinnert daran, dass unsere Sicherheit ein gesellschaftliches Anliegen ist. Er fordert, dass unsere Stimmen gehört, unsere Existenzen respektiert und unsere Rechte garantiert werden.
Denn wir verlangen keine Sonderrechte. Wir fordern Gleichheit, Gerechtigkeit, Würde.
In diesem Pride-Monat denken wir an alle, die trotz Verbot marschieren. In Istanbul, in Budapest – aber auch hier, in unseren Schulen, unseren Vierteln, unseren Familien, wo queeres Leben immer noch ein Kampf ist. Schenken wir ihnen unsere Solidarität, unser Zuhören, unsere Präsenz.
Schließt euch uns an. Unterschreibt den Aufruf. Marschiert mit uns. Feiert diese unbeugsame Freude und den Kampfgeist , die uns ausmachen. Lasst uns weiter lieben, gestalten, kämpfen.
Denn unsere Pride ist politisch. Unser Kampf ist global. Und wie unsere Geschwister in Istanbul sagen:
Wir sind hier. Und wir gehen nicht.
Wie ihr die Bewegungen unterstützen könnt:
- Unterstützt unsere Mitstreiter*innen in der Türkei, folgt ihren Social-Media-Kanälen – internationale Sichtbarkeit schützt! Wenn du kannst, mach eine Spende für sie..
- Teilt den Beitrag der EL*C zur Pride in Budapest!
- Unterschreibt den Appel Queer, damit unsere Rechte in der Schweiz respektiert werden!