Die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) und der Dachverband Regenbogenfamilien zeigen sich enttäuscht über ein heutiges Urteil des Bundesgerichtes (vgl. SRF News): Ein lesbisches Paar gründete mittels ausländischer Samenspende eine Regenbogenfamilie. Nach der Geburt des ersten Kindes trennte sich das Paar. Trotzdem entschieden sich die beiden Frauen für ein zweites Kind und die Fortführung der Familienkonstellation und lebte noch 2 Jahre mit den beiden Kindern als Familie zusammen. Doch rechtliche Hürden erschwerten von Anfang an die Absicherung beider Kinder – nun, da das Paar getrennt ist, ist eine einvernehmliche Lösung nicht mehr möglich: Verhandelt wurde nicht über eine gemeinsame elterliche Sorge, sondern einzig um ein Besuchsrecht der sozialen Mutter. Diese hat nun trotz langjährigen Prozessen kein Besuchsrecht für das zweite, nicht-leibliche Kind erhalten. Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen – ein herber Rückschlag für die Anerkennung sozialer Elternschaft. Argumentiert wurde seitens Bundesgerichts vor allem damit, dass die Co-Mutter zuerst gegen die Zeugung des zweiten Kinds war, dann aber doch zustimmte. Das Urteil verwehrt dem Kind nun den Kontakt zu einer nahen Bezugsperson und zeigt exemplarisch die nach wie vor bestehende rechtliche Diskriminierung von Regenbogenfamilien.


Der heutige Entscheid macht deutlich: Gerade in Konfliktsituationen leiden Kinder in Regenbogenfamilien unter der unzureichenden rechtlichen Sicherheit. «Dieser Fall wäre nie vor Gericht gelandet, wenn Regenbogenfamilien rechtlich genügend abgesichert wären», sagt Nadja Herz, Rechtsanwältin und Co-Präsidentin der LOS. «Für heterosexuelle Paare ist ein Besuchsrecht bzw. sogar eine gemeinsame elterliche Sorge eine Selbstverständlichkeit.» Die Besuchsrechtsregelung von Art. 274a ZGB, über die das Bundesgericht heute u.a. verhandelte, ist nicht auf die Realität von Regenbogenfamilien zugeschnitten – ursprünglich wurde sie für Grosseltern oder andere Bezugspersonen konzipiert. Dass eine Co-Mutter ihre Beziehung zum Kind erst beweisen muss, widerspricht dem Kindeswohl und stellt eine diskriminierende Hürde dar.
Während in Scheidungsfällen heterosexueller Eltern eine zerrüttete Beziehung kein Hindernis für ein Besuchsrecht darstellt, wird sie bei Regenbogenfamilien oft als Ausschlussgrund gewertet – ein klarer Fall rechtlicher Ungleichbehandlung. «Kinder brauchen Sicherheit – unabhängig von der sexuellen Orientierung ihrer Eltern,» betont Carmen Skalsky, Interim Co-Präsidentin des Dachverband Regenbogenfamilien. «Die aktuelle Gesetzeslage wird der Realität von Regenbogenfamilien nicht gerecht und schafft genau dort Unsicherheit, wo klare rechtliche Verhältnisse zum Schutz des Kindeswohls nötig wären.»
Nur verheiratete Frauenpaare, die eine Samenspende aus einer Schweizer Samenbank nutzen, gelten ab Geburt als gemeinsame rechtliche Eltern. Alle anderen Familienformen – etwa bei Fortpflanzungsmedizin im Ausland oder privaten Samenspenden – bleiben ausgeschlossen. «Die geplante Vereinfachung des Stiefkindadoptionsverfahrens, über die aktuell im Parlament verhandelt wird, ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Doch sollten Stiefkindadoptionen innerhalb von Regenbogenfamilien überhaupt nicht mehr nötig sein», erläutert Nadja Herz und fordert weiter: «Regenbogenfamilien brauchen ab Geburt eine gesicherte rechtliche Elternschaft für beide Elternteile».