Zum ersten Mal anerkennt die Justiz von Québec, dass ein Kind mehr als zwei rechtliche Eltern haben kann. Ein historischer Entscheid, der die Debatte über Mehrfachelternschaft neu entfacht – just zu dem Zeitpunkt, an dem auch die Schweiz ihre Gesetzgebung zur Abstammung überarbeitet. Die LOS fordert, dem Beispiel Québecs zu folgen und alle Formen von Elternschaft rechtlich zu schützen – auch jene von Patchworkfamilien und Familien mit multipler Elternschaft.

Salome Trafelet (sie/they), Autor:in von Salome Trafelet (sie/they) | 03.06.2025

Am 25. April 2025 fällte das Oberste Gericht von Québec ein historisches Urteil zugunsten von Mehrfachelternschaft und anerkannte, dass ein Kind rechtlich mehr als zwei Elternteile haben kann. Dieser Fortschritt betrifft insbesondere LGBTIQ+ Familien, deren Elternschaftsmodelle mehr als zwei Erwachsene einschliessen.

Drei Familien aus Québec, jeweils bestehend aus drei Erwachsenen, die als Eltern fungieren, hatten ihre Fälle vor Gericht gebracht. In allen drei Fällen sind die Urteile eindeutig: Die Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Personen widerspreche der Kanadischen Charta der Rechte und Freiheiten. Das Gericht gibt der Regierung von Québec zwölf Monate Zeit, um auf diese Entscheidungen zu reagieren, das Gesetz entsprechend anzupassen und das Abstammungsrecht zu revidieren. In der Urteilsbegründung wird betont, dass das Kindeswohl Vorrang haben sollte, und es wird dazu aufgerufen, Kriterien zur Anerkennung von Mehrfachelternschaft zu erarbeiten – beispielsweise die Stabilität der emotionalen Bindung zum Kind oder die aktive Beteiligung an der Betreuung und Erziehung des Kindes.

Die Anerkennung von Familien mit mehreren Eltern ebnet den Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft, in der Kinder aus nicht-traditionellen Familien dieselben Rechte und denselben Schutz geniessen wie alle anderen Kinder. Auch wenn die Veränderung nicht sofort in Kraft tritt, ist der Prozess in Gang gesetzt.

In der Schweiz soll die Revision des Abstammungsrechts noch dieses Jahr dem Parlament vorgelegt werden. Der Bericht der Expert*innen empfiehlt, dass elterliche Rechte mehr als zwei Personen zugesprochen werden können. Der Bundesrat hält am Prinzip der Doppel-Elternschaft fest, signalisiert jedoch Offenheit dafür, zu prüfen, ob auch andere Personen als die ursprünglichen zwei Elternteile gewisse elterliche Rechte erhalten könnten – wie es die Expert*innengruppe vorschlägt. Die LOS fordert daher, dass die Empfehlungen der Expert*innen ernst genommen werden und die Revision des Abstammungsrechts endlich die Anerkennung und den Schutz von Mehrelternschaft ermöglicht.